Thema Briefing: Vom Wesen des Missverständnisses – und seiner Vermeidung

„Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ Das geflügelte Wort Ciceros ist tägliches Brot in der redaktionellen Arbeit. Fast immer schreiben Redakteure und PR-Berater über Dinge, von denen ihre Ansprechpartner deutlich mehr wissen. Deshalb steht am Anfang das berühmte Briefing: Der Experte erklärt dem Laien um was es geht – eigentlich. Denn das mit dem Erklären ist so eine Sache.

 Eine typische Situation: Vor mir sitzt ein Marketingleiter (bitte tauschen Sie das Wort beliebig gegen „Vertriebsleiter“, „CEO“, „Produktverantwortlicher“) und stellt fest: „Die neue Imagebroschüre muss den Kunden nicht nur überzeugen, sondern begeistern. Wir stellen uns etwas sehr Modernes, Innovatives vor. Kurze Texte, prägnante Bilder. Wer will heute noch viel lesen?“ Eben. Und bloß nicht langweilig werden. Schnell auf den Punkt kommen.

Aha. Kurze Texte sind ja nun kein allzu großes Problem. Belassen wir es also bei 1.000 Zeichen pro Seite und nur einen Satz zum Einstieg. Dazu kommt ein reportage-artiges Foto mit Menschen und zusätzliche Informationselemente auf jeder Seite – vom Info-Kasten über die Faktenleiste bis zum QR-Code. Und ab geht die wilde redaktionelle Fahrt? Besser noch nicht. Denn jedes Briefing ist vor allem eines: unsicher. Natürlich kann man viele Fragen zur Zielgruppe und den Kommunikationszielen stellen, das CD-Manual studieren und vorhandene Texte als sprachliche Referenz hernehmen. Das tun wir auch. Allerdings kann es trotzdem sein, dass man aneinander „vorbei-brieft“. Sprache ist keine Mathematik. Jedes Wort evoziert im Kopf des Sprechers ein anderes Bild als im Kopf des Zuhörers. Missverständnisse sind deshalb immer Teil von Kommunikation und das gilt erst recht, wenn ich dem Gegenüber etwas Abstraktes oder gar Visuelles beschreibe. 

Was kann man also tun? Nun, es gibt verschiedene Fallnetze, die man vor jeder Zusammenarbeit aufspannen sollte. Erstaunlicherweise sind sie recht einfach zu knüpfen, bieten guten Schutz vor einem Totalabsturz – und werden von PR-Agenturen trotzdem oft durch Aktionismus übergangen. 

Erster Punkt:Erstellen Sie ein Re-Briefing! Es beginnt mit dem einfachen Satz: „Ich habe Ihr Briefing folgendermaßen verstanden.“ Anschließend folgt eine genaue und möglichst detaillierte Aufzählung der besprochenen Kriterien, Beschreibungen und Inhalte. Das Ganze sollte der Adressat mit dem Satz kommentieren: „Ich habe ihr Re-Briefing gelesen und habe keine Korrekturwünsche.“ Sollten Änderungswünsche bestehen, ist das übrigens kein schlechtes Zeichen. Offensichtlich sind jetzt beide Seiten aufmerksam, nähern sich an und schaffen eine tragfähige Arbeitsbasis.  

Zweiter Punkt: Erstellen Sie zu Beginn eine Arbeitsprobe und vereinbaren einen Schulterblick! Einfach gesagt: Nicht gleich die ganze Imagebroschüre durchtexten, sondern erst einmal nur das Vorwort fertig machen und es durch den Experten überprüfen lassen. Gefällt die Sprache? Stimmt die Haltung und sind die Botschaften auf den Punkt gebracht? Der erfahrene Redakteur bekommt an dieser Stelle ein Gefühl für die Situation, denn jede Rückmeldung gibt ihm Aufschluss über die Haltung des Experten. Ich bin übrigens kein großer Fan davon, wenn Menschen an dieser Stelle „alles gut“ finden. Lieber ist mir ein detailliertes Feedback über sprachliche Nuancen. Man kann sich so viel besser in den Anderen hineinversetzen.

Dritter Punkt:Eigentlich ist es kein „dritter“ Punkt, sondern eher ein „allgemeiner“. Es hilft in vielen Fällen, die Abhängigkeiten des Briefing-Gebers zu kennen. Man kann Sie abfragen: Wer wird den Text freigeben? Lautet die Antwort „Am Ende schaut unser CEO drüber“ sollte das berücksichtigt werden. Ideal wäre es nämlich, wenn dieser CEO die Textprobe ebenso bekommt und nicht erst den ganzen Text „am Ende“ liest. Ansonsten sind alle Fallnetze unter Umständen nutzlos. Und übrigens verringert ein solches Vorgehen auch den Aufwand für den vielbeschäftigen CEO. Wenn er den ganzen Text zweimal lesen muss, weil die erste Version nicht seinen Vorstellungen entspricht, ist niemandem geholfen.

Vierter Punkt:Die ganze Arbeit – Konzept, Text, Layout – soll nicht nur die Intention des Briefings widerspiegeln, sondern muss auch richtig gut sein. Aber das ist ein anderes Kapitel… 

Lang lebe die Fachpresse

Vor kurzem schrieben wir in diesem Blog: „Print lebt – immer noch!“. Für die Fachpresse könnte man sagen: „Sie boomt“. Die Zahlen, die der Verein Deutsche Fachpresse in seiner Studie veröffentlicht, sind jedenfalls erstaunlich: fast fünf Prozent Umsatzplus, das heißt rund 337 Millionen Euro mehr hatten die Fachmedienhäuser 2017 demnach zu verzeichnen*. Die Printerlöse bleiben dabei die wichtigste Erlösquelle – wenn auch mit leicht rückläufiger Tendenz. Was bedeutet das für die Pressearbeit? Zunächst einmal: Dass sie weiter Sinn macht. Offenbar findet sich nach wie vor ein (Fach)publikum, das liest und sogar blättert.

Genaueren Aufschluss über die Leserschaft geben nach wie vor die detaillierten Mediadaten der meisten Fachmedien – die für die passende Ansprache hilfreichen Themenpläne liefern sie dabei gleich mit. Hier haben Unternehmen also nach wie vor die Chance, ihr Zielpublikum ohne allzu große Streuverluste zu erreichen.

Unserer Erfahrung zeigt: Gerade viele Mittelständler lassen sich diese Gelegenheit entgehen. Dabei sind die Chancen garnicht so schlecht, auch als kleiner oder mittlerer Player hier eine Veröffentlichung zu erreichen. Voraussetzung: Hochwertig erstellte und relevante Inhalte, an der richtigen Stelle persönlich platziert. Wer seine Themen also journalistisch aufbereitet, gute Stories und Bilder liefert und dies alles mit den Medien abspricht, spart Anzeigengeld und bekommt stattdessen glaubwürdige Berichterstattung.

*Die ganze Studie ist hier nachzulesen: https://www.deutsche-fachpresse.de/markt-studien/fachpresse-statistik/

Geschätzte Branchenumsätze der Fachmedien 2017

(Bildquelle: Fachpresse-Statistik 2017 der Deutschen Fachpresse)

Fake-Limo

Hä? Lidl verkauft jetzt auch Lemonaid? Wie passt denn das zusammen? Passt eben nicht zusammen und ist auch kein Lemonaid. Sieht nur so aus. Und mit dem Aussehen hören die Ähnlichkeiten auch schon auf. Die Lidl-Limo enthält statt Bio- und Fairtrade-Zutaten künstliche Inhaltsstoffe und finanziert auch keine Sozialprojekte. So ein Plagiat ist ziemlich ärgerlich, vor allem wenn man es wirklich ernst meint mit Umweltschutz und sozialer Einstellung – und das tun die Jungs des 2009 in Hamburg gegründeten Startups. Aber wie reagieren, auf so eine platte Trittbrettfahrerei? Lemonaid hat an Lidl einen geharnischten offenen Brief geschrieben: Man solle das Produkt wieder aus dem Programm nehmen. Darüber hinaus wurde eine Social-Media-Kampagne auf den Weg gebracht, die mit viel Humor die dreisten Lidl-Fakes aufs Korn nimmt – mit überaus gelungenen Motiven, wie ich meine. Juristisch hat Lemonaid keine Handhabe. Nachahmung ist in begrenztem Rahmen eben erlaubt, ob das nun moralisch einwandfrei ist oder nicht. Inzwischen hat der Discounter aber erklärt, bei der Limonade handle es sich nur um ein Aktionsprodukt, das mittlerweile nicht mehr angeboten werde. Na dann ist ja gut. (Foto: Lemonaid)

Bei der Bahn geht der Punk ab

Bei der Bahn geht der Punk ab

Leute, Leute, wie sich die Zeiten ändern! Ich bin ja 2012 schon fast vom Glauben abgefallen, als Iggy Pop das Gesicht eines Paco-Rabanne-Duftes wurde. Nun sieht man die Punk-Legende, wie von ihm nicht anders gewohnt, mit nacktem Oberkörper in einem Abteil der Deutschen Bahn sitzen – akustisch untermalt von seinem Hit „The Passenger“. Zusammen mit Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg bildet er das Testimonial-Duo der neuen Corporate-Kampagne. Hintergrund: Die Bahn will ihr altbackenes Image loswerden. Ob das im Zusammenspiel von Schwiegermutters Liebling mit einem drogenerprobten 71-Jährigen klappen wird, muss abgewartet werden. Aus kommunikativer Sicht jedenfalls ein recht charmanter Ansatz: Thank you for travelling with Deutsche Bahn. Singin‘ la-la-la-la-la-la-la-la. La-la-la-la-la-la-la-la. La-la-la-la-la-la-la-la, la-la…

(Foto: Deutsche Bahn)

Print lebt – immer noch!

Print lebt – immer noch!

Klar ist, Zeitungen und Zeitschriften haben nicht mehr den Stellenwert von früher. Vieles spielt sich inzwischen online ab. Kein Wunder also, dass uns Kunden immer wieder nach der Relevanz von Printprodukten fragen – sei es bei der Pressearbeit oder beim Corporate Publishing. Dazu hat nun die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (agma) eine aktuelle Analyse veröffentlicht: Gedruckte Zeitungen verlieren zwar weiterhin Leser, aber mehr als die Hälfte (55,8 Prozent) der Deutschen über 14 Jahren liest immer noch täglich Zeitung. Zeitschriften werden regelmäßig sogar von 86,9 Prozent der Bevölkerung gelesen. Print bleibt also ein Kommunikationskanal mit großer Relevanz. Das zeigt sich auch beim Corporate Publishing: Laut Statista sind die Investitionen dafür in der DACH–Region von 6,9 (2016) auf 8,0 Milliarden Euro (2018) gestiegen. Dabei entfielen 4,6 Milliarden auf den Digital-, und 3,4 Milliarden auf den Print-Bereich.